PerMedu - Das Forum rund um Ramses II.ARCHIV |
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"Nanana, meine Kleine, sag so etwas nicht. Alle Dinge, die man erlebt und die einem widerfahren, haben ihre guten und ihre schlechten Seiten. Ich bin sicher, auch in deiner Situation gibt es etwas positives abzugewinnen."
Die Krisen- und Kummer erprobte Ida erschütterte so schnell nichts. Versuchte man immer das beste in einer Situation zu sehen, wurde sie viel erträglicher und manchmal fand man sogar noch Glück darin.
"Am besten, du legst dich erstmal hin. Und deine Kleine auch! Das Gästebett ist frisch bezogen, komm," forderte sie ihre Schwägerin bemutternd auf und zog sie behutsam, aber bestimmend hoch.


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"Was denn?" fragte Leiya verzweifelt. "Was soll daran positiv sein, daß meine Kinder vaterlos aufwachsen werden?"
Sie ließ sich widerstandslos, als hätte sie keinen eigenen Willen, von Ida mitziehen.
"Das einzig Gute ist," fuhr sie im bitteren Ton fort. "Daß mir die Erkenntnis gekommen ist, daß Jad und ich doch nicht füreinander bestimmt waren..."
Wieder kullerten ein paar Tränen über ihre Wangen.
"Die Götter waren wohl dagegen," setzte sie noch leise stammelnd hinzu und dann brach sie vollends zusammen.
Die letzten Monate, da man sie immer wieder nach dem Verbleib Jahudiyas gefragt hatte, hatten ihr mehr zugesetzt, als sie sich hatte anmerken lassen.
Sie hatte stark sein wollen - besonders für Samida, damit das Mädchen nicht mitbekam, wie sehr ihre Mutter darunter litt, daß sie nicht wußte, was aus ihrem geliebten Mann geworden war, daß sie befürchtete, daß er längst nicht mehr unter den Lebenden weilte und sich immer wieder mit der Frage quälte, ob er sich nicht doch im Stich gelassen hatte.
An dem Tag, als er ihr von seiner Kindheit berichtet hatte und davon, wie seine Eltern Ida und ihn einfach zurückgelassen hatte, war sie so sicher gewesen, daß er seinen Kindern und ihr so etwas nie antun würde...
Von Weinkrämpfen geschüttelt sank sie in Idas Arme, klammerte sich an ihrer Schwägerin fest und schluchzte, bis ihre Kräfte schließlich versagten und sie nur noch wimmerte.


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Ida konnte nichts weiter tun, als ihrer aufgelösten Schwägerin Trost zu spenden und ihr wenigstens die Umgebung etwas bequemer zu gestalten, als sie von der Reise gewohnt war. Irgendwann schaffte sie es, Leiya zu einem langen, entspannenden Bad zu überreden, während die sich um Samida kümmerte. Das Mädchen war sogar zum essen zu müde und ließ sich ohne Probleme von ihrer Tante in eine kleine Liege legen, die Ida schnell hatte besorgen lassen.
Als das Kind schlief, sah Jads Schwester nach Leiya im Badezimmer mit einem Entschluß, den sie gefaßt hatte.
"Ich komme mit dir," verkündete sie entschlossen, als sie den Badebereich betrat. "Es kann so viel passieren auf dem Weg nach Damaskus und du bist allein mit einem kleinen Kind und schwanger. Du bist die Frau meines Bruders. In deinem Zustand lasse ich dich nicht allein weiter ziehen. Ich verstehe, warum du so entschieden hast, aber lass mich dir beistehen. Wenn Jad wirklich so ein Hund sein sollte, dich im Stich gelassen zu haben, dann muß wenigstens ich dir zeigen, daß unser Blut nicht durchweg von schlechter Art ist. Die Verantwortung, der er entflohen ist, übernehme jetzt ich. Und hat er wirklich triftige Gründe für sein nachrichtenloses Fortbleiben oder sollte er gar nicht mehr am Leben sein, finden wir es zusammen heraus."


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"Ach, Ida," sagte Leiya müde und flocht sich ihr nasses Haar zu einem losen Zopf. "Du brauchst doch meinetwegen dein schönes Leben hier nicht aufzugeben. Hier hast du ein sicheres Einkommen und die Wohnung..."
Sie wies kurz nach draußen, dann zuckte sie mit den Achseln.
"Nun, ich weiß nicht, ob sie dir die Wohnung lassen, aber ein Teil der Möbel gehört uns."
Das waren Geschenke gewesen, die Jahudiya und sie zu ihrer Vermählung bekommen hatten.
"Die magst du ruhig behalten..."


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Ida schüttelte mit dem Kopf und nahm ein Haarband, um Leiyas Zopf zu schließen. Sie liebte es, schwarzes Haar anzufassen. Es schien als wollte sie sich immer wieder davon überzeugen, daß es auch echt war, sie, deren Haar sie selbst als hässlich strohfarben bezeichnete.
"Ach was. Ich habe nie etwas von Wert besessen, Besitztümer können zwar beruhigen, aber sie bedeuten mir nicht viel. Dein Angebot ist sehr gütig, aber ich fühle mich in diesem prachtvollen Reich gar nicht so wohl..." gestand sie.
"Warum willst du nicht, daß ich bei dir bleibe? Ich habe Angst um dich und die Kinder, Kleines. Wenn du mich nicht mitnehmen wollst, reise ich eben allein, für mich nach Damaskus... Daß wir dann am selben Tag aufbrechen und die selben Beförderungsmittel benutzen ist natürlich dann reiner Zufall! Ich bin das Reisen so gewohnt, ich beginne es zu vermissen."
Außerdem wurde es Zeit, daß sie Damaskus wieder betrat nachdem die schweren Traumen ihrer Jugend sie um diese Stadt bis heute einen großen Bogen haben machen lassen.


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"Ich dachte, jetzt, wo du hier so eine Art Heimat gefunden hast, würdest du gern hierbleiben," entgegnete Leiya und zuckte mit den Achseln.
Wenn Ida auch nach Damaskus wollte, konnte sie sie wohl schlecht aufhalten.
"Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen, aber wenn du uns begleiten möchtest...Zada und ihr Mann sind sehr gastfreundlich, sie werden dich bestimmt auch aufnehmen!"


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Ida war froh, daß Leiya wenigstens auf halben Wege zustimmte. Wenn die junge Frau ihre Beglitung lieber als bloße Reisegemeinschaft sehen wollte, war Ida das auch recht. Aber sie würde trotzdem ein gutes Auge auf ihre Schwägerin haben!
"Ich werde mich wegen der Mäbel und der Wohnung an den Haushofmeister der zweiten GKG wenden und ihn fragen, was mit all dem geschehen soll... Vielleicht erfahre ich ja auch etwas neues..." hoffte sie. Möglicherweise waren ja doch Nachrichten von Jad eingetroffen und sie beide, Ida und Leiya, waren zu unwichtig gewesen, als daß man die Botschaften an sie weiter geleitet hätte... Man konnte nie wissen!
"Aber erstmal folgen wir dem ersten Plan oder? Du brauchst mindestens ein paar Tage Ruhe und die Kleine auch, sie ist ganz mitgenommen."


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Unberührt von all der Tragik, die Ida. Leiya und Samida betraf, ging die Unterhaltung zwischen Mehi, Meritamon und Iry-ef voran.
Mehi äußerte zwar oberflächlich seine Zufriedenheit mit dem Verlauf der Dinge, aber unter dieser Oberfläche brodelte es.
Als Meritamon einmal kurz den Raum verlassen hatte, gestand er Iry-ef, dass er sich sicher war, dass die Schasu nicht durch ihn allein in den Griff und auf Linie zu bringen wären.
"Ich bräuchte einen Helfer, einen Mann, der sie überzeugen kann. Mir als Ägypter glauben sie nichts und Schemra ist eine Frau, auf die sie erst recht nicht lange hören werden. Aber du weißt wie ich, dass uns ein gewalttätiger Aufstand im Moment nichts brächte. Sesüchen würde deine Arbeitserleichterungen für diese Leute und alles andere sofort zurück nehmen. Echte Unruhen brächten vor allem dich selbst in Gefahr, Iry-ef!"


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"Das weiß ich selbst," knurrte Iry-ef und nickte Meritamun lächelnd zu, die wieder in die Halle gekommen war und frisches Obst in einer großen Fayenceschale arrangierte.
Damit sie nicht zuhören konnte, dämpfte er seine Stimme.
"Ja, du bräuchtest einen der Ihren, der zu ihnen spricht. Ist denn niemand unter den Ziegelmachern, dem du dein Vertrauen schenken kannst?
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"Ja, du hast bestimmt recht," erwiderte Leiya, der auf der Stelle die Augen zufallen wollten. "Ein bißchen Ruhe wäre nicht schlecht...aber wir sollten bald ein Schiff finden, das uns nach Sidon bringt. Ich will hier so schnell wie möglich weg..."
Weg von Ägypten und weg von den Erinnerungen, die sie jedoch (sie war zu müde, um das jetzt zu erkennen) immer weiter verfolgen würden - schon allein die beiden Blondschöpfe, die sie begleiten würden, und das Kind, das sie erwartete, erinnerten sie immer wieder an...da war sie schon eingeschlafen...


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Mehi überlegte, während er seine Schwester freundlich anlächelte und machte ihr ein paar Komplimente.
"Du hast dieses Essen wunderbar arrangiert, meine Lieblingsschwester!" sagte er mit dem ihm eigenen charmanten Augenaufschlag, der die meisten Menschen immer sofort auf seine Seite zog. "Wie immer, wenn ich das dazusagen darf!"
Dann wandte er sich an Iry-ef und flüsterte ihm mit gesenkter Stimme zu: "Es gibt da einen Mann, Aaron ist sein Name. Er ist Ziegelmacher, aber er versteht auch ein wenig von Heka. Er wäre der Richtige, um mit den Schasu zu sprechen."


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Iry-ef runzelte die Stirn.
"Ein Ziegelmacher, der Heka beherrscht?" fragte er. "Wer hat ihm denn das beigebracht?"
Ziegelmacher sollten Ziegel machen und nicht mit Heka herumpfuschen. Das konnte gefährlich werden, vor allem, wenn dieser Aaron gedachte, sein Heka als Waffe einzusetzen.
Hoffentlich war es mit seinen Kenntnissen nicht allzu weit her!
"Ja," sagte er schließlich nach längerer Überlegung. "Der könnte uns nützlich sein..."
Nur wie?
Hatte Mehi schon eine Idee?


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"Dann müssen wir andere Seiten aufziehen," erklärte Iry-ef energisch. "Ich habe mir Verbündete in Kanaan geschaffen..." Und zwar mit einem Teil des Vermögens seiner Schwester, das er unterschlagen hatte. "Die bestimmt bereit sind, ihren geknechteten Brüdern in Ägypten beizustehen. Wir zwingen Ramses einen Zweifrontenkrieg auf..."
Er setzte ein bösartiges Grinsen auf und rieb sich die Hände: "Einen innenpolitischen Zwist und eine Rebellion in Kanaan, dann ist er abgelenkt und wir können in Ruhe unsere Ziele verwirklichen."


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Merit-Amon tat als bemerke sie das heimliche Getue nicht, nichts destostrotz spizte sie ihre Ohren und hörte was im Raum gesprochen wurde. Den Versuch Mehis sie mit Komplimenten abzulenken war fehl geschlagen. Merit-Amon würde noch in der Nacht eine Nachricht an Tuja senden mit der Bitte dass man die beiden Männer beobachten sollte. Sie wollte nicht dass Mehi wieder Schwierigkeiten bekam aber Iry-ef war ihr ungeheuer. Seine Unterwürfigkeit gegenüber Ramses war falsch, das bemerkte sie heute mit seinem Auftreten. Anfangs dachte sie er wäre der Richtige für den Posten des Wesirs, heute aber war sie sich nicht mehr so sicher. Gut dass Satis morgen ankäme. So hatte sie eine Verbündete und mit Menes eigenlich auch einen Leibwächter (der ja Satis beschützt) im Hause. Die beiden Männer wussten noch nicht von dem Besuch der Beiden.


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Iry-ef, der bemerkte, daß Meritamun versuchte zu lauschen, warf Mehi einen warnenden Blick zu.
"Wir wollen hoffen, daß es nicht zu weiteren Schwierigkeiten kommt," sagte er laut, damit sie es hörte. "Ein Glück, daß endlich Ruhe im Ziegelmacherviertel eingekehrt ist...ah, Meritamun, die herrlichen Früchte," bewunderte er das Obst, daß die Angesprochene nun in der Fayenceschale auf den Tisch stellte. "Alles aus dem eigenen Garten?"


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