PerMedu - Das Forum rund um Ramses II.ARCHIV |
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Zunächst fiel die Sabotage der Ziegelmacher nicht weiter auf.
Es dauerte ja auch erst einmal eine Zeitlang, bis daß die alten Ziegel aufgebraucht und die neuen verbaut werden konnten.
Eines Tages jedoch beschwerte sich einer der Vorarbeiter bei seinem Bauleiter, daß die Mauern, die er von seinem Trupp errichten ließ, schon bei geringer Höhe zusammenbrächen.
Der Bauleiter wollte von den Beschwerden nichts hören und drohte den Leuten Prügel an, wenn sie nicht anständig arbeiten würden.
"Stellt euch doch nicht so blöd an!" bellte er. "Was ist denn so schwer daran, eine Mauer zu errichten? Ihr tut ja, als hättet ihr noch nie Ziegel aufeinander gestapelt! Das kann doch nicht so schwer sein!"


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"Aber mein Herr, es liegt nicht an meinen Maurern, sondern an den Ziegeln, die wir zu verbauen gezwungen sind," antwortete der Polier dem Bauleiter. "Die taugen irgendwie nicht mehr richtig. Ich weiß auch nicht, was da Fakt ist!" Er krazte sich am Kopf. "Schläge werden nicht nützen, es müssen andere Ziegel her!"
Unterdessen waren die Ziegelmacher aber nicht ganz dumm. Immer wieder lieferten sie auch gute Arbeiten ab. Niemand sollte ihnen nachsagen können, dass ihre Arbeit Murks war!
Immer wenn die ägyptischen Aufseher vorbeikamen, dann erzeugten sie gute Ziegel, ließen den Sand, den sie jetzt vermehrt dem Lehm und dem Häcksel beimengten, beiseite und taten so, als ob nichts wäre. Kaum aber wandte sich der Aufseher ab, da landete die nächste Kelle Sand in der Ziegelform. Sand hatten sie hier draußen vor der Stadt wahrlich genug und so ging es munter voran mit der Sabotage.


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"Wie? Die Ziegel taugen nicht? Eine dämlichere Ausrede ist euch wohl nicht eingefallen?" knarzte der Bauleiter und schlug mit seinem Stock gegen den Ziegel, den der Vorarbeiter ihm hinhielt.
Der Ziegel zerbröselte wie ein Keks und der Bauleiter machte ein dummes Gesicht.
"Ja...äh," räusperte er sich und nahm sich das Kopftuch ab, um sich damit über die Glatze zu wischen.
"Was soll denn das bedeuten?" tobte er gleich wieder los. "Wer hat denn diesen Schrott eingekauft? Aus welchem Magazin kommt dieses Kontingent? Wo ist der Schreiber? Hat er die Lieferung nicht überprüft?"
Der Schreiber war sich keiner Schuld bewußt, suchte in seinen Listen und da man auf der Baustelle auch sonst keinen ausfindig machen konnte, dem man die Schuld an der schlechten Qualität der Ziegel in die Binsensandalen schieben konnte, stapfte der Bauleiter in Begleitung seines Schreibers erbost zum Vorsteher der Ziegelei, die den Baustoff lieferte.
"Ich werde meine Termine nicht einhalten können, wenn ich keine gescheiten Materialien bekomme," schrie er und drohte dem Vorsteher mit seinem Stock. "Wenn ich eine Konventionalstrafe zahlen muß, bist du dran! Dann wende ich mich an deinen Vorgesetzten und, wenn es nötig ist, auch an den Wesir! So geht's ja nich'!"


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Der Vorsteher der Ziegelei war ein jähzorniger Mann, der von allen wegen seiner Körpergröße und Stärke "der Elephant" genannt wurde. Auf die Vorwürfe des Bauleiters hin wurde er sethrot, plusterte sich auf und drohte nun seinerseits dem Bauleiter mit seinem Amtsstab. "Herrschaftszeiten nochmal!" donnerte er. "Du kannst viel behaupten, aber wenn deine Leute keine geraden Mauern bauen können, dann ist das gewiss nicht meine Schuld! Das Material von meiner Ziegelei ist qualitativ hochwertig! Wie wagst du es, etwas anderes zu behaupten!"


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Getroffen sank der "Elefant" nieder. Sogleich eilten einige seiner Männer herbei. Während der eine laut nach dem Heiler rief, kümmerte sich die anderen um den Bauleiter und den Schreiber. Beide wurden mit Knüppeln in die Enge getrieben. "Ihr habt es gewagt, den Vorsteher der Ziegelei des Königs, er lebe, anzugreifen!" riefen sie empört. "Das wird ein Nachspiel haben. Wir werden euch beide beim Wesir anzeigen!!"


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"Das trifft sich gut..." Der Bauleiter schlug um sich und wedelte mit den Armen, als man ihn packen wollte. "Da wollte ich sowieso hin. Dieser korrupte Typ da liefert nur Schundware! Ich werde mich beschweren!"
Der Polizeitrupp, den einer der Schreiber der Ziegelei verständigt hatte, nahm den Bauleiter und dessen Sekretär fest.
Die beiden wurden erst einmal ins Gefängnis geworfen und mußten dort ausharren, bis daß der Polizeioberste dem Wesir Bericht erstatten konnte.
In der Zwischenzeit stoppten die Bauarbeiten, weil die Maurer mit den schlechten Ziegeln nichts anfangen konnten.
Die Arbeiter packten ihre Lunchpakete aus und begannen zu schmausen, während sie berieten, was sie nun mit dem freien Tag anstellen sollten.
Da kam der Bauherr (ein Tafelschreiber im Tempel des Amun von Pi-Ramesse) vorbei, der nach dem Rechten sehen wollte und als er die Maurer und deren Lehrlinge faul herumlungern sah, geriet er in große Wut.
Der Bauleiter und der Schreiber wären verschwunden, bekam er zu hören, und die Ziegel unbrauchbar.
Wütend rauschte der Tafelschreiber ab und auf direktem Wege in den Palast, um sich beim Vorsteher der Handwerker der unterägyptischen Residenz, seinem Schwager, zu beschweren.
Vitamin B half in diesem Falle hoffentlich!


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Der Vorsteher der Handwerker der unterägyptischen Residenz war ein behäbiger, leicht dicklicher Mann mit Halbglatze, der gerade seinen Büroschlaf hielt - er hatte in all den Jahren seiner Beschäftigung gelernt, so auf dem Stuhl zu schlafen, dass es niemand mitbekam - und der sich nun schrecklich gestört fühlte, als man ihm seinen Schwager, den Tafelschreiber, ankündigte.
Mit gespielter Freundlichkeit bat er ihn herein und bot ihm einen Stuhl an.
"Welch große Freude, mein Lieber, dass du dich einmal hier blicken läßt," säuselte er. "Darf ich dir etwas anbieten? Karkadee oder lieber ein leichtes Bier?"
Er winkte einen seiner Praktikanten herbei. "Los, bring dem Herrn einen Drink", befahl er. Dann wandte er sich seinem Schwager zu. "Was führt dich zu mir? Geht es meiner Schwester nicht gut mit ihrer Schwangerschaft? Du siehst so mitgenommen aus!"


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"Ach," winkte der Tafelschreiber ab. "Um deine Schwester..." Die wahrlich eine biestige Gewitterhexe war, die mit Sicherheit noch fuchtiger wurde, wenn sie hörte, daß ihre Gartenmauer nicht rechtzeitig fertig wurde...
"...brauchst du dir keine Sorgen zu machen!" Die hatte ja er am Hals!
"Es geht darum, daß ich heute die Arbeiter, die du mir geschickt hast, erwischt beim seligen Nichtstun erwischt habe. Die liegen einfach so auf meiner Wiese herum und lassen den lieben Re-Harachte einen guten Mann sein. An der Mauer haben sie keinen Handschlag mehr getan, angeblich weil die Ziegel nicht taugen, der Bauleiter und der Schreiber haben sich in Luft aufgelöst, es herrscht die reinste Isfet auf meiner Baustelle. Ich erwarte von dir, daß du den Kerlen mal Beine machst, ansonsten...," grinste er fies. "Muß ich meine Frau mal in den Erholungsurlaub zu euch schicken. Dieser permanente Lärm, den die Maurer machen, bekommt ihr gar nicht!"


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"Wie, die arbeiten nicht? Das kann gar nicht sein, ich hab dir den besten Trupp geschickt, den ich habe!" gab der andere mit einem grummelnden Unterton zurück. "Und das für einen Spottpreis! Bitte fang jetzt nicht wieder an, dass du mir dafür ja auch dein Gespann geliehen hättest, als meines Achsbruch hatte! Wir sind schließlich Schwäger."
Er hüstelte leicht. "Also, ich versprech dir, ich werde denen Beine machen und die ganz faulen Hunde entlassen und dir andere Leute schicken".
Bei sich aber dachte er: "Lass mich weiterschlafen..."


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"Ach, und wenn du schon dabei bist," fuhr der Tafelschreiber gleich fort. "Kümmere dich auch mal um die Ziegel...ich brauche neue, sonst machen die Arbeiter sich weiterhin 'ne Achet auf meine Kosten! Was ist los in euren Ziegeleien? Kommen die Leute mit der Produktion nicht nach? Ist die Nachfrage so groß? Oder läßt unser Herr und Gebieter, er lebe ewig, einen antihethitischen Schutzwall in Upe errichten?"


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Der Vorsteher der Handwerker der unterägyptischen Residenz sagte seinen Lieblingssatz: "Jaja", ging der, "mach ich gleich morgen". Das praktische an dieser Zusage war, dass morgen "morgen" von heute aus gesehen zwar "übermorgen" war, aber eben doch wieder morgen. So konnte er sein Versprechen stets erfüllen, indem er gar nie etwas machte.
"Jetzt muss ich aber leider wieder arbeiten", meinte er dann, um seinen Schwager endlich hinauszukomlimentieren.


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"Ich bin übermorgen wieder da," drohte der. Er kannte doch seinen Schwager, die alte Schlafmütze!
"Und wenn's sein muß, MIT DEINER SCHWESTER!"
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Iry-ef, der eigentlich keine Lust hatte, sich mit prügelnden Bauleitern herumzuschlagen, entschied sich schließlich gütigerweise doch, den Polizeiobersten anzuhören.
"Was gibt es?" fragte er ungehalten und gab dem sich unterwürfig verneigenden Mann deutlich zu verstehen, daß er ihn bei viel, viel wichtigeren Dingen als der Aufruhr in einer Ziegelei störte.


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"Mein Herr!" begann der Polizist. "In der Ziegelei "Die Macht des Königs dauere" gab es heute eine Prügelei. Der Vorsteher des Ziegelwerks wurde niedergemacht von einem erzürnten Bauleiter, der jetzt einsitzen tut. Er war angeblich wütend wie ein Nilpferd, weil die Ziegel, die aus der Ziegelei kommen, so schlechtz sind. Eine unglaubliche Geschichte! Was, mein Herr, sollen wir nur tun mit diesem Typen?"


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Iry-ef seufzte.
"Langsam, langsam, langsam," schnaubte er mit zusammengezogenen Augenbrauen und wedelte mit der Hand. "Hast du denn überhaupt schon Zeugen vernommen oder den Vorsteher der Ziegelei? Nein? Dann tu das gefälligst! Ich erwarte, daß du jedes Verhör sorgfältig protokollierst und mir in dreifacher Kopie aushändigst, damit ich den Fall von meinen Juristen prüfen lassen kann."
So, hoffte der Wesir, der sich eigentlich auf einen faulen Abend mit seiner Geliebten eingestellt hatte, den lästigen Polizeichef wieder loswerden zu können!


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