PerMedu - Das Forum rund um Ramses II.

Mehi mochte andere Ziele als Iry-ef verfolgen, aber immerhin ergänzten sie sich und arbeiteten Hand in Hand.
"Jaja," wedelte der Wesir deshalb mit der Hand. Er klang ein klein wenig genervt dabei. "Sicher doch...alles wie vereinbart! Nun geh schon und sieh zu, daß du noch ein paar Verbündete an Land ziehst! Ich habe Schemra bereits bescheid gesagt, sie erwartet dich!"

"Ja, das ist gut. Ich bin schon unterwegs!"
Er nahm das Schreibe entgegen, das der Wesir ihm gesiegelt hatte, und das ihm ständigen freien Zugang zum Ziegelmacherviertel gewährte und verabschiedete sich von Iry-ef.
Draußen traf er am vereinbarten Treffpunkt Shemra, die sich ein einfaches Gewand übergworfen hatte, um auf den straßen Pi-Ramesses nicht aufzufallen. Er reichte ihr galant seinen Arm und führte sie zu seinem Wagen.
"Komm, meine Teure, wir werden zu deinen Brüdern fahren. Wir müssen sie dazu bringen, uns zu vertrauen! Wir wollen doch verhindern, dass es unter ihnen Tote gibt, weil die ägyptischen Schinder sie zu sehr prügeln", erzählte er ihr, während er die Pferde antrieb.

Schemra war sehr beunruhigt, weil sie befürchtete, daß einer ihrer Verwandten unter den Verletzten oder Toten war.
"Haben wir Medikamente dabei?" wollte sie wissen. "Salben? Verbandsmaterial? Hoffentlich lassen sie uns jetzt überhaupt durch! Angeblich ist das ganze Ghetto abgeriegelt worden!"
Sie war sehr aufgeregt.
So lange sie nicht wußte, was mit ihren Brüder geschehen war, waren ihr Iry-efs ehrgeizige Pläne ziemlich egal!

Indessen beruhigte Mehi die aufgebrachte und sorgenvolle Shemra nach Kräften.
"Wir haben nicht nur Hilfsgüter dabei, sondern der Wesir hatte auch die Gnade, einen Arzt zu den Verletzten zu senden. Er ist bereits vor mir dorthin gefahren. Ein hervorragender Mediziner aus dem Palast, der selbst ein Fremdländer ist. Ich habe aber seinen Namen vergessen. Irgendwas mit Ba am Anfang, glaube ich."

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Tatsächlich hatte Iry-ef Baram abkommandiert, den verwundeten Ziegelmachern zu helfen. Der Arzt, der seit seiner Befreiung aus der Sklaverei bei Hofe lebte, hatte den Auftrag selbstredend angenommen und da er trotz seinem langen Aufenthalt in Ägypten die Spielregeln noch nicht richtig durchschaut hatte, nahm er es auch als selbstverständlich an, dass den Leuten, de auf staatlichen Baustellen arbeiteten, auch von staatlicher Seite aus geholfen wurde, wenn sich ein schweres Unglück ereignete. Denn als solches hatte man ihm die Geschehnisse auf den Baustellen geschildert.
Iry-ef war schließlich schlau genug, die Leute im Palast nicht auf die Idee kommen zu lassen, er würde den Aufständigen helfen!

Um so entsetzter war Baram, als er, der er die Sprache der Ziegelmacher und Schasu wenigstens bruchstückhaft verstand, aus deren Reden von den Zuständen hörte und auch vernahm, dass diese Leute kaum besser als Sklaven gehalten wurden!
Er sagte aber kein Wort, sondern tat stillschweigend seine Arbeit...

Schemra winkte ab.
Wie der Arzt hieß, war ihr ziemlich gleichgültig.
Hauptsache, ihren Brüdern ging es gut.
Kaum waren sie im Ghetto angekommen - dank des Dokuments, das Iry-ef ihnen ausgestellt hatte, ließ man sie ungehindert passieren-, fragte sie sich nach ihnen durch.
Ihr ältere Bruder (Pssst...hatte der 'nen Namen? ) war kurz zuvor von Baram versorgt worden: er hatte bei dem Kampf eine Schnittwunde am Oberarm erlitten und trug nun einen Verband.
"Ich möchte dir jemanden vorstellen," erklärte sie, nachdem sie ihre Geschwister umarmt und sich vergewissert hatte, daß es ihnen gut ging.
Dann winkte sie Mehi heran. "Ich hab da jemanden mitgebracht, der uns helfen kann!"

Mehi musterte Shemras Brüder. Sie waren allesamt starke Männer, deren Willen immer noch ungebrochen war.
"Ich bin Mehi", stellte er sich vor. "Ich will versuchen, euch zu helfen. Ich weiß, dass ihr ein hartes Los habt und dass ihr hier schwere Arbeit leisten müßt. Ich stehe mich gut mit dem Wesir und werde mein Wort für euch einlegen!"

"Du bist doch auch Ägypter," bemerkte der Älteste argwöhnisch und spuckte vor Mehi aus, so daß er nur knapp dessen Zehen verfehlte. "Warum sollten wir dir trauen?"
"Yassir!" ermahnte Schemra ihren Brüder und sah die jüngeren bittend an, daß wenigstens SIE ihr Gehör schenkten. "Saddam, Gamal, Hafiz, bitte hört ihm zu!"

Shemras Brüder gehorchten ihr erstaunlicherweise sofort. "Laßt uns anhören, was dieser Ägypter zu sagen hat!" sagten sie zueinander.
Mehi ergriff von Neuem das Wort. "Ich weiß selbst, dass ich Ägypter bin", sagte er zu Shemras ältesten Bruder. "Doch ist dies nur der Zufall der Geburt, der mich dazu gemacht hat. Lange Jahre habe ich in eurem Land gelebt und meine Frau und meine Kinder sind eure Brüder. Seht in mir also einen, der nur dem Äußeren Anschein nach Ägypter ist!"
Er ließ sich auf den Hocker sinken, den ihm Shemras jüngster Bruder gebracht hatte und fuhr fort: "Hart und ungerecht ist das, was meine Leute von euch verlangen, hart war das Herz Pharaos, als er euch, die ihr Hunger littet, nicht euer Vieh weiden ließ in den fetten Auen des Deltas. Er nahm euch die Freiheit, aber ich will sie euch wiedergeben, wenn ihr mir nur vertraut! Ich werde sie von ihm fordern und er wird sie euch geben müssen!"

Salbungsvolle Reden waren jedoch nicht das, was Schemras Brüder hören wollten!
Mit einem solchen Schmu konnte der Alte da vielleicht die Ziegelmacher beeindrucken, aber keine echten Schasukrieger!

"Das ist ja alles schön und gut," bemerkte Yassir und knurrte ungehalten, als Schemra ihm einen warnenden Blick zuwarf. "Du gehst also zum Pharao und befiehlst ihm, uns hier 'rauszulassen und der sagt "Jawohl, jawohl!" oder was hab' ich mir jetzt vorzustellen?"
Er lachte spöttisch: "Klar, sicher doch... so wird's kommen!" Und verschränkte die Arme über der Brust. "Wieso glaubst du, wird der Pharao auf dich hören?"
Der war doch in Theben! Wahrscheinlich juckte es ihn überhaupt nicht, was hier passierte!

"Ganz so einfach wird das bei seinem Sturkopf nicht werden", gab Mehi zu. "Aber ich denke, so ähnlich wird die Sache ablaufen."
Er hatte sich wirklich noch kaum Gedanken gemacht, wie genau er Ramses zum Einlenken brächte, aber irgendwie würde es schon gehen. Schließlich wußte er immer noch, wo sich Sesüchens Erzfeind aufhielt - oder hoffte es zumindest! Anel Adgam war nicht mehr aufgetaucht, seit Mehi das gemeinsame Lager verlassen hatte und das machte den alten Haudegen eigentlich sicher, dass der Atonanhänger noch in Siwa weilte.
"Laßt mich nur machen. In der Zwischenzeit solltet ihr euch zurückhalten, was den aktiven Widerstand angeht. Ich werde dem Wesir Iry-ef eure Lage schildern. Er ist ein gütiger Mann: er war es, der euch den Brunnen errichten ließ und er hat auch den Arzt geschickt. Ich denke, er wird ein einsehen haben, dass ihr nicht dieses hohe Pensum schaffen könnt!"

Yassir blieb mißtrauisch.
"Wir lassen uns nicht behandeln wie Tiere," erwiderte er auf Mehis Bitte, sich ruhig zu verhalten. "Sieh du erst einmal zu, daß du deine vollmundigen Versprechen hältst, dann werden wir entscheiden, ob wir dir trauen wollen oder nicht!"
Er hörte sich die hitzige Strafpredigt seiner Schwester in ihrer Muttersprache, die seinen Worten folgte, reglos, aber mit finsterer Miene an und knurrte, als sie endlich fertig war, um nur kurz etwas zu entgegnen.

"Sie werden sich zurückhalten," versprach Schemra und sah Mehi zweifelnd an. Tatsächlich glaubte sie, daß ihr Bruder ihr sein Versprechen nur gegeben hatte, damit sie endlich den Mund hielt und mit dem Ägypter da verschwand...

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Da kam jedoch ein kgl. Bote aus Theben bei Meritamun an.
Tuja hatte ihrer Freundin einen langen Brief geschrieben und zahlreichen Blumenzwiebeln von Tazetten und Hakenlilien (siehe http://maschenwerk.de/cgi-bin/aegyptisch...?num=1154340766 ) schicken lassen, die jetzt eingepflanzt wurden und im Laufe der Peretzeit austreiben würden.
In ihrem Schrieb klagte Tuja über die fürchterliche Hitze, die in Theben herrschte und daß sie froh wäre, daß es noch nicht Schemu sei. Sie berichtete davon, daß sie wieder Großmutter einer Enkeltochter geworden sei, die man Merit-ities (Liebling ihres Vaters) genannt hatte, daß alles beim Alten in Oberägypten sei und beschwerte sich, daß Meritamun ihr noch nicht geschrieben hätte, was es Neues in Pi-Ramesse gäbe.

Nicht nur Schemras Brüder hatten Mehi zugehört. Einige der älteren Ziegelmacher hatten ihm auch gelauscht, und sie wollten dem vornehmen Ägypter nur allzu gerne glauben.
"Dieser Mann hat recht!" sagten sie zu Schemras Brüdern. "Seht ihr nicht, dass die Ägypter die besseren Waffen haben und in der Überzahl sind? Wir können nur auf Gott vertrauen, er wird uns helfen! Er hat diesen Mann geschickt, der schon viel Gutes für uns erwirkt hat!"

Ja, es war wirklich einiges besser geworden, seit Mehi wieder aufgetaucht war. Natürlich hatten ihn viele erkannt! Sie wußten auch, dass er im Gefängnis gewesen war. Doch dass seine Hetzreden einst die Not der Ziegelmacher erst ausgelöst hatten, soweit dachten die meisten nicht. Für sie war es der hartherzige König, der sie ohne Grund bestraft hatte, als sie sich gegen die brutalen Übergriffe durch gewisse ägyptische Aufseher gewehrt hatten. Die Schuld der eigenen Leute, die damals die Viertel der Vornehmen gebrandschatzt hatten, war vergessen, zurückgedrängt durch die Trauer um die geraubten Kinder und das Leid, das man selbst in den letzten Jahren erfahren hatte, zuletzt beim Brand des alten Viertels.
Mehi wurde daher von vielen als Hoffnungsträger angesehen. Sie glaubten ihm nur allzu gern, dass er ihnen helfen könnte! Und wie er dem Gefängnis entronnen war und offensichtlich wieder Gnade bei Hofe gefunden hatte, so würde das Blatt sich auch für sie wenden.

"Laß uns dann zurückkehren", wandte sich Mehi an Schemra, "im Moment können wir hier nichts mehr erreichen. Wir müssen mit Iry-ef darüber reden, wie wir deinen Brüdern noch besser helfen können."

Er wollte aber grundsätzlich nicht, dass man den Schasu etwa Waffen lieferte. Mehi war zu der Erkenntnis gekommen, dass sie immer den Ägyptern unterlegen sein würden. Waffengewalt half nichts. Sie mußten einen anderen Weg finden...

"Nun, dann tun wir das!" Schemra nickte. "Am besten gleich, oder? Je eher meine Brüder und auch die Ziegelmacher merken, daß es uns ernst ist, um so besser. Ansonsten, befürchte ich, wird es immer wieder zu Konflikten kommen!"